Diskriminierung
„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken“?!
Verteidigung der Diskriminierten oder der Diskriminierung? Wie steht es heute um die Rolle der katholischen Kirche als Beschützerin der Benachteiligten?
Was?
„Diskriminierung, […] Sammelbezeichnung für unangemessenes und ungerechtfertigtes Verhalten gegenüber Personen oder Gruppen ausschließlich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser sozialen Gruppe. Die Ungleichbehandlung wird dabei nicht nur von Personen (individuelle Diskriminierung), sondern auch von Institutionen (institutionelle Diskriminierung) ausgeübt.“ (www.spektrum.de/lexikon/psychologie/diskriminierung/3509)
Diese Personen und Institutionen haben eines gemeinsam: Sie verfügen über Macht, die sie befähigt, Diskriminierung zu verüben. Dem Selbstverständnis der katholischen Kirche liegt diese mit Diskriminierung einhergehende Macht zugrunde. Als „Volk Gottes“ mit dem „Stellvertreter Christi auf Erden“ an der Spitze besitzt sie in den Augen bekennender Katholik*innen die höchste irdische Autorität. Weltweit gehören derzeit 1,3 Mrd. der 8 Mrd. lebenden Menschen zu der Glaubensgemeinschaft. Besonders in Deutschland können wir zwar beobachten, dass die Ansichten der bekennenden Gläubigen und der Mitglieder sich mehr und mehr auseinanderbewegen. Dennoch prägt die Kirche Gesellschaften rund um den Globus nach wie vor umfassend und tiefgreifend in ihrer Struktur.
Warum?
Es scheint jedoch, dass die katholische Kirche immer mehr an Anschlussfähigkeit einbüßt. Schon lange hat sie aufgehört, ihre Botschaft flexibel in die jeweilige Zeit zu übersetzen. Dadurch begann sie sich langsam von der Gesellschaft abzulösen. Mit der Entscheidung, keine Entscheidung zu treffen, um durch Veränderungen im Geist der Zeit keine Mitglieder zu verlieren, verlor die katholische Kirche vielmehr an Bedeutung und Authentizität. Anstatt sich gemäß dem Kern ihrer Botschaft für marginalisierte und diskriminierte Menschen einzusetzen, handelte sie in ihrem Nicht-Handeln im Sinne der Marginalisierenden und Diskriminierenden. Mit einer Kirche, die anstatt es zu riskieren, diese zu verlieren, es vorzieht, ihr Evangelium zu verraten, können sich immer weniger Christ*innen identifizieren. Eine Kirche, die nur bestimmten Menschen ein Mitspracherecht gewährt, die aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit von manchen Diskriminierungserfahrungen verschont bleiben, festigt überholtes Gedankengut und unwürdige Praktiken. Diese Kirche kann keine Kirche für alle sein.
Wer?
Diskriminierungserfahrungen sind vielfältig. Sie treten nicht immer direkt und offensichtlich in Erscheinung. Zum Großteil handelt es sich um latente, unterschwellige Degradierungen. Anstatt sich dem Versuch der Aufdeckung und Vernichtung solcher Diskriminierungsformen wie Sexismus und Rassismus anzuschließen, legitimiert die Kirche dank ihrer umfassenden Autorität fortwährend derartige Missstände, ja perpetuiert sie geradezu. Indem die Kirche auf ihrer sexistischen Basisstruktur beharrt, wird diese für die Gesamtgesellschaft normalisiert und vermittelt, dass gegen derartige Diskriminierungen auch nicht weiter vorzugehen ist. Sie stellt sich damit aktiv gegen den Versuch, allen Menschen die gleiche Würde und die damit einhergehenden gleichen Rechte zuzusprechen, indem sie z. B. alles von der vorausgesetzten Heteronormativität Abweichende pathologisiert. Die zwei nun aufgezählten Formen von Diskriminierung sind hierbei jedoch lediglich nur Beispiele, die keineswegs die gesamte Problematik darstellen können.
Wie?
Es ist bereits deutlich geworden, dass die katholische Kirche keine Freundin von Veränderungen ist. Um diese Veränderungen, welche zur Ausräumung von Diskriminierungsformen erforderlich wären, zu umgehen, werden letztere als gottgewollte Strukturen bezeichnet. Um derartiges, nicht zu hinterfragendes kirchliches Gedankengut zu kontrollieren, werden zum Diskurs nur bestimmte Personengruppen als Entscheidungsträger, die nicht selten hauptsächlich in den eigenen Kreisen verkehren, zugelassen. Vor wissenschaftlichen Erkenntnissen verschließt man sich, sodass sich die Kirche nicht nur immer weiter von der Gesellschaft, sondern auch von der Lehre über Gott, der Theologie, entfremdet.
Was tun?
Mein Gott diskriminiert nicht. Meine Kirche schon! Um mich aber weiter als Teil dieser Kirche zu sehen, muss die systematische und legitimierte Diskriminierung ein Ende finden. Wir fordern die Entscheidungsträger auf, gemäß ihres ursprünglichen Auftrags wieder für die Benachteiligten einzutreten, anstatt (Türen) zuzutreten. Wir sind Kirche. Anstatt das Handeln des Klerus leise zu beklagen, wollen wir gemeinsam mit lauter Stimme auf die Missstände aufmerksam machen und uns selbst für eine Kirche stark machen, die offen ist für alle.
Autorin: Lisa
Stand: 14.09.2020